Nach mindestens 20 Jahren war ich heute morgen wieder im Stadtbad Münster Mitte zu Gast, welches ich bereits als Kind mit seinem 50er-Jahre-Charme ausgiebig kennengelernt hatte. Und es war Warmbadetag.
Nach einem kurzen Zurechtfinden und Umziehen betrat ich mich gestraffter Schwimmerbrust den Freizeitbereich und sah mich um. Hui, recht chic hatte man diesen Bereich neu mit Kinder-, Whirlpool- und Nichtschwimmerbecken ausgestattet.
Während im Nichtschwimmerbecken ca. ein dutzend ältere Damen einer etwas jüngeren Vorturnerin bei der Wassergymnastik nacheiferten, war der runde Whirlpool ebenfalls vollständig mit Rentnerinnen bestückt, die dort wie in einem überdimensionierten Kannibalentopf vor sich hin zu garen schienen. Nur das Kinderbecken war leer. Dieses lag wohl daran, dass es keine Ferienzeit war und die lieben kleinen Monster vormittags wahrscheinlich zu einem Großteil in den Kinderhorten verlustiert wurden.
Auf ins Schwimmerbecken! Hier waren zwei Bahnen für die »Möchtegernprofischwimmer« abgetrennt, die dort ihre Bahnen zogen. Das restliche Schwimmbecken wurde zu 95 % von Rentnern aller Geschlechter und Formen bevölkert. Nur ein kleiner Teil dieser Personengruppe war allerdings mit Schwimmen beschäftigt. Die Meisten standen und lungerten herum und bestätigten die allgemeinen Vorurteile zu unserer vollsten Zufriedenheit: Sie unterhielten sich fast ausschließlich über Krankheiten und wo man noch günstiger das eine oder andere Schnäppchen machen könnte. Das schreckte mich nicht, denn jetzt hieß es: Ab ins Becken und auf in den Kampf! Gerade 'Bahnen' konnte ich nur schwerlich schwimmen, da immer wieder Rentnerbojen meinen Weg versperrten oder wie ein Kanalfrachter auf mich zusteuerten, ohne mich – anscheinend – zu beachten. Wie konnte ich es wagen, als 'junger Mann' von 58 Jahren genau in »ihrer« Bahn zu schwimmen. Ich würde schon Platz machen und wenn ich so unverschämt wäre dieses nicht zu tun… Aber ich hatte keine Lust mir den Unmut eines ganzen Schwimmbades voller »Silver Surfer« einzuhandeln. Nein, ich bilde mir ein, stellenweise weise geworden zu sein und wollte mich ganz einfach nicht ärgern. So nahm ich es sportlich und schwamm einen 250 Meter Senioren Slalom. Dann hatte ich genug, denn es war nicht sehr entspannend immer auf die anderen zu achten und zu sehen, dass man keinen Ellenbogen in die Rippen gerammt bekommt.
Hmm, dachte ich mir, ich könnte mit dieser neu gewonnenen Erfahrung jetzt Volkshochschulkurse im »250 Meter Senioren Slalom« anbieten. Oder wäre das nicht auch eine prima olympische Disziplin?! Alles in allem werde ich wohl in Zukunft Warmbadetage freitags um 10 meiden, auch wenn ich dort mit meiner vermeintlichen »Jugend« glänzen und damit den einen oder anderen neidischen Blick auf mich ziehen kann..
05.02.2016